Am Montagabend fand in der Gastst‰tte Dittrichs Gold die erste Veranstaltung der Reihe Radebeuler im Dialog im Jahr 2017 statt. Zum Thema Wohnen 4.0 hatte die Stadtratsfraktion der Freien Demokraten dazu Radebeuls Oberb¸rgermeister Bert Wendsche und den Vorstand des Verbands S‰chsischer Wohnungsgenossenschaften Dr. Axel Viehweger eingeladen.
Nach einer Einf¸hrung des Fraktionsvorsitzenden Frank Sparbert und der Vorstellung der Vortragenden durch Moderator Dr. Lars Eger sprach Viehweger ¸ber die grofle kommunale und gesellschaftliche Herausforderung der kommenden Jahre und Jahrzehnte, die er unter dem Motto Schrumpfen gestalten darstellte. Mit ihren 280.000 Wohnungen in Sachsen sei es inzwischen die Aufgabe der Wohnungsgenossenschaften geworden, den demographischen und technischen Wandel zu organisieren.
Mit Blick auf die alternde Gesellschaft gehe es dabei darum, Wohnungen so zu sanieren, dass ‰ltere Menschen so lange wie mˆglich in den eigenen vier W‰nden bleiben kˆnnten. Finanziell sei hier allerdings der Staat gefordert, da der entsprechende Umbau einer Wohnung im Durchschnitt 30.000 Ä koste, ein Betrag, der allein ¸ber die Mieten nicht gegenfinanzierbar sei. Die Landesregierung forderte Viehweger daher auf, pro Wohnung einen einmaligen Fˆrderbetrag in Hˆhe von 10.000 Ä zur Verf¸gung zu stellen.
Jenseits der altersgerechten Wohnraumsanierung mahnte Viehweger, den l‰ndlichen Raum wieder st‰rker in den Fokus zu r¸cken. Es brauche dort regionale Anker, die kulturell, wirtschaftlich und infrastrukturell attraktiv gestaltet werden m¸ssten, um das langsame Sterben der kleinen St‰dte und Gemeinden aufzuhalten oder zumindest palliativ zu managen. Dabei gehe es einerseits um passenden Wohnraum, den ˆffentlichen Personennahverkehr und die Schaffung und Erhaltung kultureller Angebote. Andererseits gelte es aber auch, die aussichtsreichen Mˆglichkeiten, die der technische Fortschritt biete, auszunutzen.
Da viele ƒrzte schon l‰ngst aus dem l‰ndlichen Raum abgewandert sind, brauche es nun u.a. ƒrztest¸tzpunkte, die an verschiedenen Tagen von verschiedenen ƒrzten betreut werden kˆnnten. Auf technischer Seite sei aber auch die Telemedizin eine realistische Option, um z.B. eine Wund¸berwachung ¸ber das Internet sicherzustellen.
Wohnen 4.0 bedeute in diesem Zusammenhang die softwaregerechte Sanierung von H‰usern, um Verbrauchszahlen – also Strom, Wasser und Heizenergie – nicht mehr vor Ort, sondern ¸ber das Internet abrufen zu kˆnnen. Unter dem Schlagwort Ambient Assisted Living gebe es zudem bereits ausgereifte Technologien, um ¸ber Bewegungsmelder in den Wohnungen einerseits Sturzpr‰vention leisten zu kˆnnen und andererseits f¸r ein Mehr an Sicherheit zu sorgen. Auch intelligente T¸ren, die Rettungskr‰ften den einfachen Zugang zu Wohnungen ermˆglichen, und die automatische Bestellung von Nahrungsmitteln gehˆrten in dieses neue, altersgerechte Wohnmodell.
Leidenschaftlich warnte Viehweger allerdings davor, bei der Wohnraumsanierung auf Schlagwˆrter wie neue Gemeinn¸tzigkeit hereinzufallen. Das von Gr¸nen und Linken beschworene Konzept, das sich hinter blumigen Formulierungen wie der „Gemeinwohlorientierung in der Wohnungsversorgung“ versteckt, sei in Wahrheit nichts anderes als eine R¸ckkehr zur gescheiterten kommunalen Wohnungsverwaltung der DDR, ein Ruinen schaffen ohne Waffen 2.0, das nichts anderes bewirken werde, als der Sanierung von Wohnungen Stolperfallen in den Weg zu r‰umen, indem Eigent¸mer gezwungen w¸rden, sanierte Wohnungen weit unter Wert anzubieten. Der Markt werde damit ausgehebelt, die Folgen w‰ren Investitionsstopp und Verfall.
Dem Thema Verfall widmete sich nach Viehweger auch Oberb¸rgermeister Wendsche: Nachdem in der ƒra Biedenkopf bewusst versucht worden sei, Leuchtturmzentren in ganz Sachsen zu schaffen, habe die Landesregierung seither alles daran gesetzt, all diese Leuchtt¸rme auszuschalten und ihre Fˆrdermaflnahmen auf Dresden und Leipzig zu konzentrieren. Fˆrdermaflnahmen f¸r regionale Zentren gebe es kaum noch, was die Landflucht weiter verst‰rke. Wendsche mahnte hier zum Umdenken an, um die Bevˆlkerung auflerhalb der beiden Groflst‰dte nicht abzuh‰ngen.
Mit Blick auf Radebeul konzentrierte sich Wendsche in seiner Darstellung auf die Planungen f¸r die Kˆtitzer Strafle, wo ca. 200 Geschosswohnungen entstehen sollen. Das Verfahren solle dabei absolut transparent verlaufen. Aktuell arbeite man mit einem Planungsb¸ro zusammen, um eine stabile Datengrundlage f¸r die Beratungen im Stadtrat zu entwickeln. Am Ende solle ganz klar kommuniziert werden kˆnnen, welche Baumaflnahmen zu welchen ƒnderungen beim Quadratmeterpreis f¸r die Mieter f¸hren w¸rden. Die Debatte ¸ber das Ergebnis dieser vorbereitenden Maflnahmen werde im kommenden Jahr offen gef¸hrt werden.
Viehweger lobte Wendsches Vorhaben. Es gelte, die Bevˆlkerung generell dar¸ber aufzukl‰ren, was welche Baumaflnahmen tats‰chlich kosteten. Transparenz im Wohnungsbau sei das A und O.
Zum Abschluss der Veranstaltung wurden B¸rgerfragen beantwortet. Auf das Thema Energieeffizienz bei den nun geplanten Wohnungen angesprochen, erkl‰rte Wendsche dabei, diese seien ein gutes Beispiel f¸r fehlende Transparenz. Zu oft werde der ˆkologische Fuflabdruck hinter den energetischen Baumaflnahmen ausgeblendet, obwohl mehr Energie in die Fertigung und Montage entsprechender Bauteile flˆsse, als jemals beim Heizen eingespart werden kˆnne.
Moderator Dr. Lars Eger beendete die Veranstaltung mit der Forderung, nicht nur beim Thema Wohnungsbau unideologisch vorzugehen. Vielmehr sei es insbesondere die Aufgabe der Freien Demokraten, pragmatisch und sachlich realistische Lˆsungen anzubieten.